Finn war ein kleiner Fuchs mit einem buschigen roten Schwanz und neugierigen Augen. Er lebte im Wald mit seiner Mama, seinem Papa und seinem kleinen Bruder Lenny. Aber in letzter Zeit fühlte sich Finn oft unsichtbar, als wäre er gar nicht da.
"Schau mal, wie süß Lenny schläft!", sagte Mama jeden Morgen. "Oh, Lenny hat seinen ersten Zahn bekommen!", rief Papa aus. Finn rollte mit den Augen. Immer nur Lenny, Lenny, Lenny. Was war denn mit ihm?
Eines Tages, als Finn besonders traurig war, wanderte er tief in den Wald hinein. Dort traf er Edda, eine alte, weise Eule, die in einer großen Eiche wohnte.
"Warum siehst du so traurig aus, kleiner Finn?", fragte Edda mit ihrer sanften Stimme.
"Alle lieben nur noch Lenny", seufzte Finn. "Mama und Papa haben keine Zeit mehr für mich. Ich wünschte, er wäre nie geboren!"
Edda nickte verständnisvoll. "Ich verstehe, wie du dich fühlst. Aber ich möchte dir etwas Besonderes zeigen. Folge mir!"
Sie führte Finn zu einer verborgenen Lichtung, wo an einem besonderen Strauch die schönsten Beeren wuchsen, die Finn je gesehen hatte. Sie funkelten wie kleine Sterne und strahlten ein warmes, goldenes Licht aus.
"Das sind die Zauberbeeren des Teilens", erklärte Edda. "Sie haben eine besondere Eigenschaft: Je mehr du sie teilst, desto heller leuchten sie und desto süßer schmecken sie."
Finn war skeptisch, aber er pflückte eine Beere und probierte sie. Sie schmeckte gut, aber nicht außergewöhnlich. Dann erinnerte er sich an Eddas Worte und lief nach Hause.
"Lenny", sagte er zu seinem kleinen Bruder, der gerade in seinem Bettchen lag, "ich habe etwas Besonderes für dich." Er gab Lenny ein kleines Stückchen der Beere.
Als Lenny die Beere kostete, begann sie zu leuchten! Und nicht nur das – Lenny lächelte Finn an, das allerliebste Lächeln, das Finn je gesehen hatte. Sein kleiner Bruder griff nach Finns Pfote und hielt sie fest.
"Oh, Finn!", rief Mama, als sie das sah. "Wie lieb du zu Lenny bist! Du bist so ein wundervoller großer Bruder."
In diesem Moment verstand Finn: Er war nicht unsichtbar. Er war etwas ganz Besonderes – er war ein großer Bruder! Und das bedeutete, dass er Lenny beschützen, ihm helfen und ihm zeigen konnte, wie schön die Welt war.
Von diesem Tag an teilte Finn gerne mit Lenny. Seine Spielsachen, seine Geschichten, seine Abenteuer. Und jedes Mal, wenn er teilte, fühlte er sich größer und wichtiger, aber nicht, weil er besser war als Lenny, sondern weil er Lenny's großer Bruder war.
Und die Zauberbeeren? Die brauchte Finn bald nicht mehr. Denn er hatte gelernt, dass das schönste Leuchten aus seinem eigenen Herzen kam, wenn er liebevoll zu seinem kleinen Bruder war.